von Anna Russ

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1. Oktober 2009

Am 10.11. bin ich statt zur Arbeit zur Invalidenstraße gefahren. Habe unseren Trabbi stehen lassen und den Tag jenseits der Mauer verbracht“ ist handschriftlich auf dem unteren Rand einer Aufnahme der bunt besprühten Berliner Mauer von 1989 vermerkt. Es ist eine Fotografie von Gilles Peress, der 2004 in einer Ausstellung seiner Arbeiten bei c/o Berlin die Besucher dazu aufgefordert hatte, diese mit ihren eigenen Erinnerungen zu kommentieren.
Das kommentierte Mauer-Foto ist derzeit in der Ausstellung „Szenen und Spuren eines Falls“ im Max Liebermann Haus zu sehen. Kuratiert von Matthias Harder präsentiert sie 120 Bildwerke namhafter Fotografen wie Hans W. Mende, Sibylle Bergemann, Nelly Rau-Häring, Thomas Ernsting, Norbert Enker und Barbara Klemm, die den Mauerfall 1989 auf sehr unterschiedliche Weise festgehalten haben. Das Spektrum der Arbeiten reicht von journalistisch geprägten Aufnahmen bis zur klassischen Architekturfotografie. Bewegende Momentaufnahmen der Grenzöffnungen, Demonstrationen, die Neujahrsfeier am Brandenburger Tor und eine Dokumentation der internationalen Berichterstattung lassen die Zeitgeschichte aufleben. Zentrales Bildmotiv ist die Mauer selbst – ob kreativ bemalt und besprüht im Westen der geteilten Stadt, im Moment ihrer Demontage oder als ein an vereinzelten Orten übriggebliebenes Relikt in einer Art Spurensuche im Stadtbild der Post-Wende-Zeit.
Die Ausstellung lohnt also nicht nur in fotokünstlerischer Hinsicht, sondern auch als Bilddokumentation eines deutschen Geschichtsereignisses.