von Paulina Gulińska-Jurgiel

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1. März 2012

Am 14. Oktober 2011 wurde die Gründungsurkunde der „Plattform für das Gedächtnis und Gewissen Europas“ in Prag feierlich unterzeichnet. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das 13 Mitglieder aus überwiegend ost- und mitteleuropäischen Ländern und insgesamt 20 Institutionen vereinigt.[1] Grundsätze, Ziele und Format der Plattform stellen einen weiteren Schritt in einem seit einigen Jahren andauernden Prozess dar, den man bei aller Vorsicht als einen Europäisierungstrend der Vergangenheitsaufarbeitung bezeichnen könnte. Woran dieser Trend sich festmachen lässt versucht der vorliegende Text anhand einiger Beispiele zu zeigen.

Die Initiativen und Projekte auf dem Feld der Vergangenheitsaufarbeitung gewannen bereits seit der Jahrtausendwende an Dynamik. Deutlich wird dies vor allem dadurch, dass der nationale Rahmen in dem Projekte mit diesem Focus im Allgemeinen agieren nun explizit überschritten werden sollte. Diese Aufbruchssituation lässt sich sowohl auf einer diskursiven als auch auf einer praktischen Ebene nachweisen. So verabschiedete das Europäische Parlament eine Fülle von Resolutionen zum Thema Vergangenheitsbewältigung und -aufarbeitung. Dazu gehören etwa die Empfehlungen zur Verurteilung des Franco-Regimes und die Resolution zur Verurteilung von Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime.[2]Viele, der in den letzten Jahren gegründeten europäischen Netzwerke wählten sich ‚Europa‘ sozusagen als Etikett - drei davon sollen im Folgenden ausführlicher präsentiert werden. Besonders interessant ist jedoch die Umsetzung dieser neuen transnationalen Ausrichtung in die Praxis. 

Anschauliches Beispiel für die Überwindung einer lediglich nationalen Perspektive ist das 2005 ins Leben gerufene „Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität“ (ENES). Offiziell gilt es als Initiative der Kultusminister Polens, Deutschlands, Ungarns und der Slowakei, seine Geschichte geht jedoch auf eine heftige Debatte zurück, die um die Entstehung des „Zentrums gegen Vertreibungen“[3] entflammte. Sie entzweite nicht nur die deutsche Öffentlichkeit, sondern wirkte sich auch auf die deutsch-polnischen Beziehungen zum Beginn der 2000er Jahre aus. Um der Gefahr einer Polarisierung durch diesen Konflikt auszuweichen, wurde im Laufe mühsamer Verhandlungen eine international besetzte Institution entwickelt. Eine konkrete Form gewann diese im Jahr 2005 in Gestalt des bereits erwähnten „Europäischen Netzwerkes Erinnerung und Solidarität“.[4]Schaut man auf die Internetseite des Netzwerkes, fällt zunächst dessen inkludierende Perspektive auf, die mehrere, oft voneinander abweichende geschichtliche Erfahrungen einbeziehen will. Die Verwendung des Wortes Solidarität sowohl im Namen des Netzwerkes gilt auch als Maßstab für seine praktische Arbeit betont diese Ausgangsposition.[5]Gleichzeitig wird Wert darauf gelegt, dass eine so verstandene Herangehensweise nicht auf die Schaffung einer hermetischen europäischen Lesart hinauslaufen soll. Gemeint ist vielmehr ein „Abgleich von nationalen Geschichtsbildern, die sich wechselseitig ergänzen können.“[6] Eine „Polyphonie des Gedächtnisses“, wie es der polnische Historiker Robert Traba einmal bildlich formulierte.[7]

Die breit angelegte Perspektive spiegelt sich in der thematischen Ausrichtung des Netzwerkes wieder. So schlägt sich die Erforschung und Vermittlung der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, mit besonderer Berücksichtigung der Erfahrungen und Auswirkungen von Kriegen und Diktaturen, in der Organisation und Durchführung von Konferenzen, Ausstellungsprojekten und Publikationen nieder.[8]

Eine weitere Kategorie ‚europäischer‘ Vergangenheitsaufarbeitung stellt das 2008 ins Leben gerufene „Europäische Netzwerk der für die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden“ dar. Es vereint Institutionen aus insgesamt sieben Ländern: Bulgarien, Deutschland, Tschechien, Polen, Slowakei, Ungarn, und Rumänien. Auch hier ist den Initiatoren besonders daran gelegen, die Balance zwischen der nationalen Erfahrung und der darüber hinausgehenden Möglichkeiten einer Bündelung der Interessen zu halten. Im Gründungspapier wird das wie folgt formuliert: „Das Europäische Netzwerk dient dazu, unter Beachtung der unterschiedlichen Erfahrungen mit der Repression in den beteiligten Ländern […] das gemeinsame Ziel der wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Aufarbeitung zu fördern.“[9] Keine isolierte nationale Thematik soll hier verfolgt werden, sondern die Einbindung in einen europäischen, internationalen Kontext, so die Mitglieder des Netzwerkes weiter.[10] Das Netzwerk will – so die explizite Formulierung – der Europäischen Union gegenüber, in Bezug auf die Fragen des Aktenzugangs eine gemeinsame Regelung anbieten.[11] Gemeint ist damit in erster Linie die formale Regelung und Vereinfachung des Aktenzugangs und der Aktenverwaltung. Des Weiteren wird der historisch-politischen Bildungsarbeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Schaut man auf die am Netzwerk beteiligten Institutionen kann ein Know-how-Transfer als zusätzlicher Synergieeffekt gedeutet werden. Schließlich liegen zwischen dem ‚Veteranen‘, der 1991 ins Leben gerufenen Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) und dem jüngsten Mitglied, dem tschechischen „Institut zur Erforschung totalitärer Regime“ (Ústav pro studium totalitnich režimů) 17 Jahre praktische Arbeit und Erfahrung.

Es fällt zudem auf, dass im Gründungspapier großer Wert auf die Unabhängigkeit der beteiligten Institutionen gelegt wird, sowohl in Fragen der Archivverwaltung und -forschung als auch gegenüber Versuchen politischer Instrumentalisierung. Interessant ist, inwieweit sich dieser Passus im jeweiligen nationalen Kontext durchsetzen lässt. Dem widerspricht zunächst der polnische Fall, denn zum Zeitpunkt der Gründung des Netzwerks befand sich das polnische „Institut für Nationales Gedenken“ (Instytut Pamięci Narodowej) in seiner bis dato heftigsten Phase politischer Instrumentalisierung.[12]

Versucht man als Außenstehende(r) Einblicke in die Arbeitsweise des Netzwerkes zu gewinnen, ist es schwierig, die Umsetzung der ambitionierten Ziele in die Praxis zu verfolgen. Denn aus der Sicht des Beobachters sind, außer der jährlich stattfindenden Konferenzen, lediglich die Herausgabe eines zweisprachigen Readers (2009) und eines Tagungsberichts über die Bildungsarbeit in den einzelnen Partnerländern (2010) zu finden.[13]

Dennoch spielt dieses Netzwerk zusammen mit dem „Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität“ eine wichtige Rolle, nicht nur als eigenständige Initiative, auch als Bezugspunkt im europäischen Aufarbeitungsprozess: Beide werden namentlich als wichtige Kooperationspartner im Gründungspapier der anfangs genannten „Plattform für Europas Gewissen und Gedächtnis“ aufgeführt.[14]

Dieses als drittes und letztes hier zu erwähnende Projekt ist hinsichtlich der Europäisierung der Vergangenheitsaufarbeitung besonders spannend. Es nimmt sich nämlich vor, die für die anderen Netzwerke geltenden Ziele zu multiplizieren sowie den Rahmen seiner Arbeit noch breiter anzulegen.Das Alleinstellungsmerkmal der „Plattform“ im Vergleich zu den beiden anderen genannten Netzwerken ist der Bezug auf moralische Kategorien im Grundsatzpapier. Schließlich spiegelt seine Entstehungsgeschichte die enge Verflechtung der diskursiven und praktischen Aufarbeitungsmaßnahmen sowie die maßgebliche Rolle des Europa-Parlaments als Protagonisten der Europäisierungstendenzen wieder. Die „Plattform für Europas Gewissen und Gedächtnis“ geht auf einen Beschluss des Europäischen Parlaments vom 2. April 2009 zurück, der den 23. August zum Gedenktag für Opfer totalitärer und autoritärer Regime machte.[15] Es folgten eine Reihe von Deklarationen, angefangen mit der Prager Deklaration vom Oktober 2009 bis hin zur Warschauer Deklaration, die an ebenjenem 23. August 2011 unterzeichnet wurde. Der symbolische Gehalt der europäischen Resolutionen ist in diesem Kontext nicht zu übersehen.

Die Dokumente des Europa-Parlaments zur Aufarbeitung totalitärer Diktaturen werden zusammen mit der Etablierung der „Plattform“ in der Präambel des Gründungspapiers aufgeführt.[16] Hierin werden eine Reihe wichtiger Punkte thematisiert. So werden zunächst verschiedene totalitäre Diktaturen des 20. Jahrhunderts in Europa, bei gleichzeitiger Hervorhebung der Einmaligkeit des Holocausts aufgelistet. Auffällig ist auch der Aufruf, Wahrheit, Wissen und Gerechtigkeit zwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus bei der Aufarbeitung der Diktaturen einzusetzen. In diesem Zusammenhang ist die wiederholte Bestätigung des Bekenntnisses zur Deklaration der Menschenrechte zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu nennen. Schließlich, so die Präambel, ist die Anerkennung und Wahrung der Arbeit von unterschiedlichen Organisationen und Institutionen, die sich mit dem Erbe der totalitären Regimes auseinandersetzen, als ein wichtiger Aspekt einer tieferen „europäischen Re-Integration“ zu betrachten.

Schaut man auf die Ziele der „Plattform“, so wiederholen sich etliche der aus den früheren Netzwerken bekannten Punkte. So steht nicht nur das totalitäre Erbe im Fokus der „Plattform“ sondern auch der Wille ein öffentliches Bewusstsein dafür zu schaffen und eine europaweite Diskussion über die Gründe und Konsequenzen totalitärer Herrschaftssysteme zu initiieren (Agreement, Art. 3, §3). Gleichzeitig soll die „Plattform“ Intoleranz, Extremismus, antidemokratische Bewegungen und den Rückfall in totalitäre Strukturen verhindern (Art. 3, §2). Des Weiteren will sie sich darum bemühen, zu einem Partner mehrerer europäischer Gremien, wie dem Europarat, dem Europäisches Parlament, und der Europäische Kommission zu werden, um auf diesem Wege das gemeinsame totalitäre Erbe Europas bewerten (Art. 3, § 6). Sie soll die Integration europäischer Bürger durch Achtung und Verständnis für die grundlegenden Werte der Demokratie und der Menschenrechte vertiefen und den Rechtsstaat in Europa fördern; mit dem Ziel, jegliche Gefahren für die Demokratie zu vermeiden (Art. 3, § 7). All dies soll nicht in Zusammenarbeit mit einer konkreten Gruppe, sondern mit mehreren Institutionen unterschiedlichster Art realisiert werden.

Was darüber hinaus die moralische Verpflichtung der „Plattform“ betrifft, ist ein sogenannter Ethik-Code von Bedeutung. Dort wird das Verbot formuliert, ehemalige Mitarbeiter der Geheimdienste als Mitglieder der „Plattform“ zu berufen. Auch die Finanzen der „Plattform“ dürfen keinesfalls aus nicht-demokratischen Institutionen, die Rassismus, Nationalismus, religiösen oder sozialen Hass und antidemokratische Bewegungen unterstützen, kommen. Selbst wenn dies selbstverständlich ist und bei anderen Netzwerken mitgedacht wurde, ist es so direkt und in dieser Deutlichkeit bisher nicht formuliert worden.

 

Fazit

Die Erfahrungen des zweiten Weltkrieges und des Holocaust sind maßgebliche Gründe für die Etablierung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Das Erbe der nach 1945 etablierten Diktaturen kann entsprechend als Ausgangsposition für die europäischen Aufarbeitungsnetzwerke gelten. Hier wird jedoch von vornherein darauf geachtet, die Gefahr der Opferkonkurrenz zu vermeiden. Daher der Versuch die nationalen Perspektiven zu erweitern. Dennoch bleiben die europäischen Netzwerke nicht in der Vergangenheit verhaftet, sondern legen ebenso wichtige Akzente auf die Gegenwart, dazu gehört in erster Linie die bildungspolitische Aufklärung, gleichsam als ‚Vorsorgemaßnahme‘ für die bestehenden Demokratien.

Das Wort ‚Europa‘ scheint hier, trotz seines inzwischen etwas abgegriffenen Charakters, mehr als nur ein Etikett zu sein. Die europäischen Aufarbeitungsnetzwerke holen etwas nach, was bis dahin vernachlässigt oder gezielt ausgeblendet wurde, sei es die Anerkennung der (früher oft unerwähnten) Opfer oder die Vereinfachung des Zugangs zu Geheimakten der Polizei. Der punktuelle Ausschlussmechanismus (wie etwa der erwähnte Ethik-Code) könnte hier zusätzlich als symbolische Wiedergutmachung gelten.

Der Verweis auf verschiedene Menschenrechtsdokumente weckt den Eindruck, eine Art europäischen Moral-Kodex begründen zu wollen. Dies könnte man als ‚subkutane Codierung‘, also den Wandel von Normalitätsstandards und Wertungskriterien, und nicht unbedingt Inhalten, wie es Martin Sabrow vorschlug, deuten.[17]Für eine intentionale und gelungene Vereinheitlichung der Vergangenheitsaufarbeitung auf gesamteuropäischer Ebene scheint, der Rahmen der Plattform dennoch zu breit und seine Inhalte zu verschieden. Obwohl wir es mit einer Intensivierung der Aufarbeitung zu tun haben, bleibt dahin gestellt, ob man von dem mittlerweile gern zitierten ‚Diktat der Aufarbeitung’ sprechen kann. Dass dieser Trend so spät einsetzte, lässt sich zumindest teilweise mit den unterschiedlichen Entwicklungen in den europäischen Ländern erklären. Dabei ist nicht nur an die zeitlichen Unterschiede des jeweiligen Endes der verschiedenen Diktaturen, sondern auch an deren Aufarbeitung, sei es in Form entsprechender legislativer Maßnahmen (wie etwa Überprüfungsgesetze) oder durch die Gründung verantwortlicher Institutionen, zu denken. Ob und welche Früchte der Europäisierungstrend der Aufarbeitung bringen wird, bleibt abzuwarten.

 


[1] Zu den Teilnehmern zählen auch Schweden und die Niederlande. Deutschland ist mit der BStU, der Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen und der Hannah Arendt Gesellschaft zur Förderung der Geisteswissenschaft und Kultur aus Köln vertreten.

[2] Zu diesem Themenfeld siehe den Beitrag: Hammerstein, Katrin; Hofmann, Birgit, Europäische „Interventionen“. Resolutionen und Initiativen zum Umgang mit diktatorischer Vergangenheit, in: Hammerstein, Katrin; Mählert, Ulrich; Trappe, Julie (Hg.), Aufarbeitung der Diktatur – Diktat der Aufarbeitung? Normierungsprozesse beim Umgang mit diktatorischer Vergangenheit, Göttingen 2009, S. 189-203.

[3] Dazu: Vertreibung und deutsch-polnische Geschichte: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-2-040>

[4] Vergleiche die ausführliche, wenn auch nur bis zum Jahr 2007 reichende Darstellung: Stefan Troebst, Das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität, in: Zeitgeschichte, 34. Jg., Januar/Februar 2007, S. 43-57. Sowie Ders. (Hg.), Vertreibungsdiskurs und europäische Erinnerungskultur. Deutsch-polnische Initiativen zur Institutionalisierung. Eine Dokumentation, Osnabrück 2006.

[5] Das genaue diesbezügliche Zitat: Solidarität gilt „als gemeinsames Grundprinzip der Gesinnung und des Handelns“, also „die Erfahrungen der „Anderen“, die möglicherweise ein differierendes Bild der Vergangenheit besitzen, die anders fühlen und wahrnehmen, kennenzulernen und zu respektieren“. Vgl.: http://enrs.eu/de/o-sieci-de/die-idee.html (letzter Abruf 01.12.2011). Die prominente Stellung des Wortes ‚Solidarität‘ in dem Projekt gilt als Anerkennung für die historischen Leistungen der polnischen Solidarność und hebt insofern doch eine Seite besonders stark hervor.

[6] Ebd.

[7] Traba, Robert, Polyphonie des Gedächtnisses, in: Schulte-Noelle, Henning; Thoss, Michael M. (Hg.), Abendland unter? Reden über Europa, Kreuzlingen u. a. 2007, S. 157-163.

[8] So beteiligte sich das ENES etwa an der in Warschau abgehaltenen großformatigen Konferenz zum Thema „Genealogien der Erinnerung in Mittel- und Osteuropa. Theorien und Methoden“ (23.-25.11.2011) wo u.a. Aleida Assmann einen Keynote-Vortrag „Transformative Power of Memory“ gehalten hatte. Eine ältere Initiative, die aber für eine europäische, d.h. vereinigende Perspektive von Bedeutung war, stellte die Tagung zum Thema „1989 – ein Epochenjahr für Mittel- und Osteuropa“ dar, die im Rahmen des Internationalen Geschichtsforums 1989|2009 am Collegium Hungaricum in Berlin stattfand.

[9] Vgl. Das Europäische Netzwerk der für die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden, ein Reader zu ihren gesetzlichen Grundlagen, Strukturen und Aufgaben, Berlin 2010, S. 85. Der Reader steht auf der Internetseite der BStU zum kostenlosen Herunterladen bereit und kann bei der Pressestelle der BStU als Broschüre bestellt werden.

[10] Ebd., S. 84.

[11] Ebd.

[12] Als ein Beleg dafür kann die kontrovers diskutierte Ausstellung „Gesichter der Staatsicherheit“ (Twarze bezpieki) gelten, die in den Jahren 2005-2006 in mehreren polnischen Großstädten präsentiert wurde und die Fotos der SB-Funktionäre aus den jeweiligen Orten inklusive deren Kurzbiografien ausstellte. Ein anderes Beispiel ist das 2008 durch das IPN publizierte Buch von Sławomir Cenckiewicz und Piotr Gontarczyk, SB a Lech Wałęsa. Przyczynek do biografii („Staatssicherheit und Lech Wałęsa. Ein Beitrag zur Biographie“), Gdańsk-Warszawa-Kraków 2008. Die Publikation ignoriert den zweiten Teil des Titels und konzentriert sich auf die Frage nach der Zusammenarbeit von Lech Wałęsa mit der SB sowie die Geschichte entsprechender Geheimpolizeiakten nach 1989. Die Autoren gehen die Fragen sehr parteiisch an, wodurch das Buch wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält und auf eine moralische Verurteilung von Wałęsa hinausläuft. Eine weiterführende kritische wissenschaftliche Reflexion zur methodologischen Werkstatt der Historiker des IPN siehe Rafał Stobiecki, Methodologische Probleme, in: Historie. Jahrbuch des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, 4/2010-2011, S. 57-66.

[13] Beide Dokumente können auf der Internetseite der BStU heruntergeladen werden und sind über die Presseabteilung der BStU kostenlos zu beziehen. Vgl. www.bstu.bund.de

[14] Vgl. Punkt 6 des Statuts der Plattform. Diese und weitere Informationen dazu sind über die Internetseite der BStU abrufbar, siehe: http://www.bstu.bund.de/DE/BundesbeauftragteUndBehoerde/AufarbeitungImAusland/_node.html (letzter Abruf: 05.12.2011). Offizielle Internetseite der „Plattform“: http://www.memoryandconscience.eu/ (letzter Abruf 22.02.2012).

[15] Angenommen mit 555 Ja-, 44 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen. Den gesamten Inhalt siehe unter: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+IM-PRESS+20090401IPR53245+0+DOC+XML+V0//DE (letzter Abruf: 03.12.2011). Der Entschluss beinhaltete jedoch mehrere Punkte, wie etwa die Einrichtung einer gesamteuropäischer Gedenkstätte für die Opfer aller totalitärer Regime oder die Vereinfachung des Zugangs zu Geheimpolizeiakten der überwundenen totalitären Regimes.

[16] Das komplette Dokument: http://www.bstu.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statut_Platform_of_European_Memory_and_Conscience.pdf?__blob=publicationFile (letzter Abruf 05.12.2011). Die offiziellen Sprachen der Plattform sind Tschechisch und Englisch.

[17] Vgl. die Diskussion „Beschlagnahmung der Vergangenheit: Führen Zentralisierungstendenzen und Standard- und Normsetzung zu einem „Diktat der Aufarbeitung“?, in: Hammerstein u.a., Aufarbeitung der Diktatur, S. 304-311, hier: 305-306.